Ob der Papst wohl geahnt hat, was er tat, als er Elisabeth von Thüringen das kleine Kreuz, das wir heute als Elisabethkreuz kennen, zum Geschenk machte? Wir wissen es nicht. – Doch was wir wissen ist, dass dieses fromme Schmuckstück in seiner bald achthundertjährigen Geschichte eine lange Reise getan hat. Denn einst aus den Palästen Roms gesandt, wie die Legende besagt, begleitete es Elisabeth auf ihrem Weg zu den Ärmsten ihrer Zeit. Mit der Heiligen sah es das Elend der Witwen und die Verzweiflung der Waisen, den Kummer der Siechen und die Not der Entehrten. Mit der Heiligen, so dürfen wir uns denken, trug es auch Gottes Licht in die Gossen, Seine Wahrheit in die Straßen und zu den Sterbelagern.
Ganz klein ist es, das Elisabethkreuz, dem Äußeren nach geradezu unscheinbar. Und doch reicht es, inzwischen unzählige Male kopiert, noch immer eine Hand der nächsten durch die Zeiten hindurch weiter: als ein Zeichen des Glaubens, in den wir hineingetauft sind, und der Hoffnung, die wir in der Gemeinschaft der Heiligen leben; als ein Zeichen der Liebe Gottes vor allem auch, die uns im Gekreuzigten begegnet – jener Liebe, die das ganze schier unendliche All durchdringt, durchwaltet und erhält, die Fülle ist und Fülle gebiert, und die zugleich doch in einer Geste Platz finden kann, in einem Wort oder auch in einem wortlosen Seufzen des Geistes.
Der Papst in Rom, Sankt Elisabeth, die Gläubigen durch acht Jahrhunderte… – Auch uns und unserer Bruderschaft ist das Elisabethkreuz mit dem, wofür es steht, in die Hände gelegt. Aber nicht als solchen, die Gottes Wahrheit für sich gepachtet hätten, sondern als solchen, die wahrhaftig leben möchten, indem sie Seine Fülle feiern. Nicht als solchen, die schon die Ziellinie durchschritten hätten, sondern als solchen, die bewusst einen Weg weitergehen, zu dem sie andere geführt haben und auf dem sie viele andere begleiten. – Nicht als solchen, die jemand wären, sondern als solchen, die gemeinsam auf den zuwerden, der allein schon immer ist.
Bruder Bernhard