Im Rhythmus des Heiligen
In der Osteroktav nach dem Osterfest kamen wir Geschwister zum Osterkonvent zusammen. Jedes Jahr ist diese Zeit für mich ein geistliches Atemholen, das sich über fünf Tage erstreckt. Natürlich fordert die Fülle der gemeinsamen Stunden auch ihre eigene Anstrengung. Dennoch sind diese Tage für mich eine Quelle neuer Kraft. Als Gemeinschaft tragen uns der Rhythmus des Stundengebets, die Tiefe der Liturgie und die geschwisterliche Begegnung.
Unter dem Leitthema „Gemeinsam Beten“ prägte eine innere Bewegung unser Zusammensein: hin zu Gott, hin zur Begegnung zwischen Gott und Mensch in der Tischgemeinschaft der Eucharistie – und damit auch hin zueinander.

Einführung in den Rhythmus des Gebets
Schon der erste Tag, der Osterdienstag, war wie ein stiller Auftakt. Nach unserer Ankunft am Nachmittag führte uns eine behutsame Einstimmung in das geistliche Tun unseres Konventes ein. Vesper, Abendbrot und schließlich die liturgischen Übungen, die ich vorbereitet hatte, öffneten den Horizont unserer gemeinsamen Tage: Tage, die vom Gebet, von der Form und von liturgischer Hingabe durchdrungen sein würden.
Die Komplet beschloss den Tag im Frieden der Nacht.



Feier der Berufung
Die Tage folgten einem wohltuend festen Rhythmus: Laudes, Terz, Sext, Non, Vesper und Komplet – das Stundengebet strukturierte den Tag, nicht als Pflicht, sondern als die Form, in der wir unser geschwisterliches Gebet gemeinschaftlich erlebten.
Ich erinnere mich an eine alte Schwester, die mir vor vielen Jahren einmal sagte: „Verliere nie die Freude am Gebet.“ Dieses Wort trage ich seither in meinem Herzen.
Besonders eindrücklich waren die verschiedenen Weihehandlungen: die Ostiarierweihe für Br. Basilius, die Diakonatsweihen der Brüder Ignatius und Josef sowie die Subdiakonatsweihe für Br. Columbanus.
In diesen Beauftragungen verdichtet sich das Wesen unserer Bruderschaft: Dienst an der Kirche, Verwurzelung im sakramentalen Leben und die tiefe Freude am geistlichen Weg hin zu Christus selbst.


Zwischen Übung, Unterricht und Stille
Besonders der Osterdonnerstag offenbarte das kontemplative Herz dieser Tage: Mit der Aussetzung des Allerheiligsten und der stillen eucharistischen Anbetung fand die Bruderschaft zu einer Tiefe, die nur das Schweigen erschließen kann.
Es war ein Innehalten vor dem Geheimnis der Gegenwart Gottes in unserer Mitte.


Gemeinschaft und Verantwortung
Am Osterfreitag stand unser Ausflug nach Marburg an. Neben all dem liturgischen Geschehen ist dies immer ein besonderer Moment unserer geschwisterlichen Gemeinschaft:
Die Non sangen wir im Michelchen, einer kleinen Friedhofskapelle gegenüber der berühmten Elisabethkirche. In dieser Kapelle feierte unser Gründungsvater Friedrich +Irenäus Heiler einst mit seinen Studenten die Messe.
Ein Besuch im Café, Zeit für Begegnung – und als wir zurückkehrten, versammelten wir uns zum Gesamtkonvent mit der Wahl des Kapitels.
Hier wurde deutlich: Gebet und Leitung, Liturgie und Verantwortung, persönliche Berufung und gemeinschaftliche Struktur gehören untrennbar zusammen. Alles trägt sich gegenseitig.



Abschluss und Reisesegen am Weißen Sonnabend
Am Weißen Sonnabend ging unser Osterkonvent zu Ende. Gemeinsam feierten wir die Messe und empfingen den Reisesegen.
Ich fuhr heim mit einem Herzen, das neu eingetaucht war in die Quelle meiner Berufung – erfüllt von Stille, von Zeiten des Gebets und der Erfahrung echter geschwisterlicher Nähe.
Br. Cyprianus