Viele Kurven führen auf den Berg der Schwestern vom Casteller Ring. Der Weg hinauf ist ein Gleichnis auf das Leben selbst. Welcher Weg mit Gott verläuft schon gerade und ohne Einsatz?
Vom manchmal kurvigen, manchmal mühevollen Weg der Hochkirchlichen Vereinigung (HV) handelte auch die kommende Tagung. Noch bevor die Teilnehmer alle angereist waren, tagten die Vorstände der HV. Mancher Kopf rauchte gedankenschwer im Schatten der großen Kastanie im Schlosshof, die uns vor Sonnenlicht schütze und mit ihren Früchten bewarf.
Auf der Jahreshauptversammlung der HV, die die Tagung eröffnete, bewegte die Mitglieder vor allem die Frage nach dem Woher und Wohin der Vereinigung. Nach 100 Jahren Geschichte, die wir auf dieser Tagung feiern durften, haben sich manche Faktoren verändert. Die Bedeutung der Hochkirchlichen St.-Johannes-Bruderschaft (SJB) als Raum des geistlichen Lebens hat gegenüber dem Bedürfnis zur theologischen Reflexion an Bedeutung gewonnen. Umgekehrt: Die theologischen Kräfte bündeln sich vor allem in der gelebten Frömmigkeit. Ob dies nicht am Ende ein Zeichen der Hochkirchlichkeit selbst ist?
Am Freitag, dem Tag des Apostels und Evangelisten Matthäus, durfte die SJB einen neuen Professen aus Gottes Hand in ihrer Mitte aufnehmen. Unser Bruder hat seine zwei Jahre im Noviziat verbracht. Er und die Gemeinschaft hatten Gelegenheit, seine Berufung zu prüfen. Nun stand er im feierlichen Pontifikalamt mit seinem erklärten Willen vor unserem Apostolischen Vorsteher und breitete die Hände zum Suscipe me aus. Als Novize ging er in die Messe, als Bruder Gregor kam er aus der vertrauten Michaelskirche auf dem Schwanberg und trat, angetan mit dem weißen Gewand der Bruderschaft, unter einen strahlend blauen Himmel. Jeder Bruder, jede Schwester, die ihren Weg in unsere Gemeinschaft finden und sich auch von den Entbehrungen der Prüfzeit nicht entmutigen lassen, sind ein großes, gnadenreiches Geschenk des Dreieinigen Gottes.
Am Nachmittag hielt unser Novizenmeister Br. Cyprianus die erste Unterrichtseinheit für die jungen Glieder unserer Gemeinschaft, für die interessierten alten, und sogar einige Gäste saßen mit oben im Turmzimmer des Schlosses. Hier näherten wir uns behutsam unter der Führung unseres Bruders der vielfältigen Bildwelt der Texte, die allabendlich und seit der Zeit des heiligen Mönchsvaters Benedikt in der Komplet erklingen. Am nächsten Tag folgte hierauf eine praktische Übung des Hörens und der Achtsamkeit im gemeinsamen Stundengebet.
Doch zuvor eröffnete das Jubiläum der HV mit einer Dankesmesse am Tag des Hl. Mauritius. Die Predigt des ersten Vorsitzenden nahm den Ton der Eröffnungsfragen wieder auf. Über allen inhaltlichen und geschichtlichen Erwägungen aber scheint das Zentrum, die Quelle und das Ziel unseres Tuns auf: Christus, der Herr der Kirche, gegenwärtig in der Hl. Eucharistie.
War am Freitag ein Novize zum Professen geworden, so freute sich unsere Gemeinschaft auch am Samstag über Zuwachs: Aus dem Postulat wurde Br. Christian in das Noviziat aufgenommen. Er erhielt unsere Regel und im Kreise der Geschwister die Bestärkung für das kommende Noviziat.
Ein kleiner Empfang gab Gelegenheit zum Austausch, ehe am Nachmittag Br. Cyprianus den Festvortrag hielt unter dem Titel „Viel Tradition, wenig Zukunft? Zur Geschichte und Relevanz des hochkirchlichen Anliegens“. Damit bot er zugleich den ersten Einblick in die zum Jubiläum von ihm herausgegebene Festschrift „ut omnes unum“. Acht Beiträge beleuchten aus unterschiedlichen Perspektiven das Phänomen der deutschen Hochkirchlichkeit. (Unter diesem Link geht es zur Festschrift.)
Am Sonntag bot sich uns die Gelegenheit, zusammen mit den Schwestern der Communität Casteller Ring Gottesdienst zu feiern. Am Nachmittag trafen wir uns zu Kaffee und Kuchen. Die Begegnung mit den Schwestern Monika, Martina und Waltraud, mit denen ich an einem Tisch saß, hat mich besonders angerührt. Alle drei sind bereits länger Teil ihrer Gemeinschaft, als ich auf der Welt bin. Gebe der Herr, dass auch in fünfzig Jahren noch junge und alte Johannesbrüder und Schwanbergschwestern zusammensitzen und gemeinsam auf die Gnade des geistlichen Weges blicken dürfen!
Auch der Abend des Sonntags stand unter dem Zeichen der Begegnung. Wir besuchten die Vesper der Benediktiner von Münsterschwarzach. Im Anschluss war der gemeinsame Ausflug nach Hörblach ins Schwarze Roß eine willkommene Pause vor dem Endspurt. Und manche auf dem betriebsamen Weg liegen gebliebene Gelegenheiten zum geschwisterlichen Gespräch fanden hier ihre Erfüllung.
Den Montag beschloss das Requiem mit der Fürbitte für die im letzten Jahr entschlafenen Geschwister und diejenigen, die unserer Gemeinschaft verbunden waren. Die Feier ging still vor sich und schafft damit Raum für das persönliche Andenken. Manche Namen waren mir bekannt, manche nicht. Doch in den Gesichtern der älteren Geschwister sah ich, dass hier niemand aus der Liebe gefallen war, auch nach langer Abwesenheit und Krankheit nicht.
Der Reisesegen entließ die versammelten Geschwister und Gäste. Wir brachten unsere Siebensachen zusammen und machten uns auf den Weg zurück in alle Winde, aus denen wir in der letzten Woche auf den Schwanberg gekommen waren.
Br. Columbanus