Auf der Kredenz lagen sein Gewand, das Kreuz am roten Band und die Schere auf einem Tablett bereit. Ein Novize würde heute in unsere geschwisterliche Gemeinschaft aufgenommen werden. Gregor wird er von nun an heißen — nach dem großen Theologen Gregor von Nazianz benannt.
Der Weg in unsere Gemeinschaft begann für unseren Bruder Gregor an seinem westfälischen Studienort in Münster, wo ich mit ihm gemeinsam Theologie studierte. Dass er einige Zeit später auf mich zukam und mich bat, sein Novizenbegleiter zu werden, berührte mich sehr. Seither wuchs unser Bruder Gregor als Novize auf seinem geistlichen Weg. Und er spürte in sich immer mehr, dass er in unsere Gemeinschaft hinein gerufen worden war. Er sprach bei seiner Profess sein “Hier bin ich!” und trat damit in die Nachfolge Christi ein. Aus meinem alten Kommilitonen ist mein jüngster Bruder — Bruder Gregor — geworden.
An meine eigene Professfeier vor einigen Jahren kann ich mich natürlich erinnern, als wäre sie gestern erst gewesen. Aber doch erlebe ich mit jeder Aufnahme ein kleines Stück dieser alten Liturgie der Einkleidung mit neuen Augen. Bei Gregors Einkleidung war es der Gesang:
“Nimm mich auf, oh Herr, nach Deinem Wort, dann werde ich leben.
Sieh’ auf meine Niedrigkeit und erbarme dich meiner.”
Mit diesem Stück, das der Kandidat dreimal mit jeweils ansteigender Tonhöhe vorsingt und die Geschwister der SJB ebenso beantworten, beginnt die Aufnahme. Als ich selbst noch Novize war, hat es mich immer gereizt, schon mit den aufgenommenen Geschwistern mitzusingen. Erlaubt habe ich es mir nie. Das erste Mal diese Verse zu singen ist eine Erfahrung, die ich auch heute nicht in Worte zu kleiden vermag.
Der Kandidat steht vor dem Vater, der sein Versprechen entgegennimmt, und breitet die Hände aus. Er bekundet singend, dass er nichts hat, was er geben kann und darum doch fortan alles geben will. Es scheint ganz und gar paradox, aber als Antwort auf sein Versprechen hebt das eigentliche Geschehen an. Er wird in der Tonsur in den Dienst genommen. Die Leviten des Vaters bekleiden ihn mit dem neuen Menschen, auf den hin er werden will.
Das Elisabethkreuz als Zeichen der Bruderschaft wird ihm umgelegt. Daran wird man ihn nach außen hin erkennen können. Der neue Name fällt in der Vermahnung des Vaters zum ersten Mal. Die Geschwister hören, wie ihr jüngster Bruder fortan für sie heißen wird. Am Ende dreht er sich um, der jetzt neu aufgenommen worden ist. Hinter ihm haben die Geschwister bereits einen Kreis gebildet, um ihn willkommen zu heißen. Er ist da. Endlich angekommen, um mit der Gemeinschaft neu aufzubrechen.
Es ist für mich eine der bewegendsten Erinnerungen an meine eigene Aufnahme. Das Willkommen durch die Geschwister war mir damals eine Bestätigung: “Ja, Du gehörst jetzt zu uns. Du bist ein Segen für uns.” Und am Ende war der Kandidat bei allen einmal und steht selbst als jüngster an seinem Ort im Kreis, von wo er die nachkommenden Novizen erwartet. In diesem Kreislauf auf Christus hin lebt unsere Gemeinschaft ihr geistliches Leben. Und in diesen Kreislauf ist unser Bruder Gregor mit seinem Versprechen, für den Herrn alles herzugeben, eingetreten.
Mit jeder neuen Schwester und jedem neuen Bruder verwandelt sich das Gesicht der Hochkirchlichen St.-Johannes-Bruderschaft. Jede und jeder ist für unsere geschwisterliche Gemeinschaft ein unermesslicher vom Herrn geschenkter Reichtum. Bitte betet mit uns dafür, dass unser Bruder Gregor weiterhin Heimat bei uns haben und gemeinsam mit seinen neuen Geschwistern auf den Einen Herrn Jesus Christus zulaufen wird.
Ad multos annos, lieber Bruder!
Bruder Cyprianus